Sonntag, 13. November 2011

"Ist der Ruf erst ruiniert..."

Heute kann es sich kaum noch jemand leisten, sich nicht damit auseinanderzusetzen, welche Informationen im Netz über ihn verfügbar sind oder nicht. "Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert" - das ist auch in Zeiten des Web 2.0 eine kaum empfehlenswerte Haltung.

Verweigerung ist zwar auch eine Haltung, aber eine riskante: Wenn man sich nicht selbst um seine Reputation im Netz kümmert, übernehmen das andere. Und das ist meist nicht zum Vorteil der Betroffenen. Mittlerweile gehört es zur Routine von Personalchefs, Bewerberinnen und Bewerber zu googlen. Wenn diese im Netz keinen guten Eindruck hinterlassen, kann das zur Karrierefalle werden.

So genannte Karriereberater raten zu einem offensiven Umgang mit der eigenen Präsenz im Netz. Nicht tatenlos zusehen, was mit dem eigenen Namen geschieht, sondern den Online-Ruf aktiv beeinflussen, indem man selbst die Informationen zur Verfügung stellt. So könne der virtuelle Gesamteindruck am besten selbst gesteuert werden.

Allerdings sollte man und frau gut bedenken, welche Informationen wann und wem zur Verfügung gestellt werden: Ein allzu freizügiges Partyfoto oder ein schlechter Witz zur falschen Zeit an der falschen Stelle und die Online-Reputation ist schnell ramponiert. Viele spezielle Agenturen leben mittlerweile davon, die beschädigte Online-Reputation von ihren Kundinnen und Kunden gegen Entgelt zu reparieren. Oder man setzt auf den Aktualitäts- und Verdrängungswettbewerb. Die wichtigste Suchmaschine Google benutzt seit Neuestem einen anderen Algorithmus. Aktualität erhält damit noch mehr Priorität und die Strategie, auf die Faulheit der Suchenden zu setzen, geht damit wohl eher auf: Das Internet vergisst zwar nichts, aber die ersten zehn Treffer sind die wichtigsten. Das Netz ist lang/ Und kurz ist unser Leben!

Mach mit bei der Umfrage zur "Online-Reputation: Google als Karrierfalle?" (rechts) und kommentiere die Bedeutung der Online-Reputation für Beruf und Alltag.

Königinnen und Könige der virtuellen Selbstvermarktung

Geben wir im Netz zu sorglos und schnell zu viele Informationen von uns preis? Oder haben viele von uns mittlerweile einfach ein anderes Verhältnis zu Privatheit und Öffentlichkeit? Eine These lautet: Wer heute eine soziale Einbettung wünscht, kommt nicht darum herum, auch sensible Daten über sich zu veröffentlichen. Privates wird öffentlich verhandelt und sichtbar, Privatheit veröffentlicht. Wir agieren mit "persönlichen Öffentlichkeiten" im Netz (O-Ton des Mediensoziologen Jan-Hinrik Schmidt).

Ist die Lust an der Selbstdarstellung aber wirklich neu? Oder einfach nicht mehr nur den Mächtigen, Reichen und Schönen vorbehalten? Tragen die neuen technischen Möglichkeiten zur Demokratisierung der Selbstdarstellungs-Strategien bei? Jeder wird zur Königin oder zum König seines eigenen Selbstvermarktungs-Reichs. Aber sind Königinnen und Könige ohne Fußvolk denkbar? Gibt es in Zeiten medialer Selbstvermarktung das Fußvolk immer noch? Macht es sich lächerlich in Daily Talks und Reality-TV? Der soziale Auf- und Abstieg findet öffentlich in Formaten wie Dschungelcamp, Eltern auf Probe oder Super Nanny statt.

Zurückhaltung war gestern. Wir leben in einer medialen Wettbewerbs-Gesellschaft: "Huhu, hier bin ich!" Soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter, Xing etc. oder Casting-Shows (DSDS, Popstars etc.). Alle Formate erfreuen sich größter Beliebtheit. Sie alle funktionieren nach einem einfachen, aber deshalb umso wirksameren Belohnungssystem: Die gesellschaftliche Währung heißt mal "Gesehen werden", "Aufmerksamkeit", "Freunde", "Gefällt mir" oder "Superstar". Bestimmte Aktionen und bestimmte Personeneigenschaften werden durch mediale Aufmerksamkeit honoriert.

Die Arbeitswelt von heute - und die von morgen sowieso - bevorzugt Extrovertierte, Exoten und Selbstdarsteller. Wir alle müssen die (Selbst-) Inszenierung beherrschen - und sei es die bewusste Nicht-Inszenierung. Der stille Computernerd muss nicht vorgeben, ein wilder Abenteurer zu sein. Aber auch er muss eine Kernbotschaft über sich vermitteln: Bin der zurückhaltende Typ, stilles Genie - wie Steve Jobs.

Um die schlichte mediale Präsenz kommt also kaum noch jemand herum. Ein asketischer Umgang mit den eigenen Daten wird schwer. Ob wir alle in Datenekstase verfallen - wir werden sehen.

Mach mit bei der Umfrage "Privat war gestern? Geben wir im Internet zu viele Informationen über uns preis?" (rechte Spalte) und kommentiere die konstatierte Post-Privacy-Gesellschaft.

Kikis Virtopia

Leben wir in einer Post-Privacy-Gesellschaft?

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